Haushaltsrede 2025

Freie Wähler im Balinger Gemeinderat 

Verabschiedung des Haushalts 2025

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Abel,

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Verrengia,

Sehr geehrter Herr Baudezernent Wagner,

sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,

sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Gemeinderates

liebe Bürgerinnen und Bürger,

wir verabschieden heute den Haushalt für das Jahr 2025  in einer Zeit, die von Unsicherheit, hohen Kostensteigerungen und enormen finanziellen Herausforderungen geprägt ist. Unsere Stadtkasse ist in einer äußerst angespannten Situation, die uns vor schwierige Entscheidungen stellt.

Doch jede Krise birgt auch eine Chance. Sie zwingt uns, den Fokus auf das Wesentliche zu legen, Prioritäten neu zu bewerten und gemeinsam Lösungen zu entwickeln, die uns langfristig wieder eine stabile und zukunftsfähige Finanzlage ermöglichen.

1. Eine ernüchternde Finanzsituation

Die Haushaltslage unserer Stadt ist angespannt – das ist kein Geheimnis. Wir stehen erneut vor einem Defizit. Die Einnahmen reichen längst nicht mehr aus, um die Ausgaben der Stadt zu decken, und die Rücklagen sind aufgebraucht bzw. so gut wie nicht mehr vorhanden.

Hauptgründe für diese Situation sind insbesondere:

  • Anhaltende massive Kostensteigerungen durch Inflation, Energiekosten, steigende Sozialausgaben und Personalkosten.
  • Wegfall wichtiger Fördermittel sowie vollkommen unzureichende Finanzzuweisungen des Bundes, für Aufgaben, die er uns übertragen hat.

Gleichzeitig wächst der Druck, dringend notwendige Projekte wie den Erhalt und Ausbau der Infrastruktur, die Finanzierung von Schulen und Kindergärten oder die Sanierung öffentlicher Gebäude umzusetzen.

Im Blick sollte dabei auch das Zentralklinikum unseres Landkreises sein. Mit einem geplanten Investitionsvolumen von zurzeit rund 400 Mio € wird es für alle Kommunen unseres Landkreises und eben auch für die Stadt Balingen eine drastische Erhöhung der Kreisumlage mit sich bringen.

Vom ebenfalls geplanten Ausbau der Zollernbahn und deren Finanzierung gar nicht zu reden.

Es liegt an uns, unserer politischen Verantwortung gerecht zu werden und den Haushalt durch diese schwierige Zeit zu steuern.

2. Nachhaltigkeit und Verantwortung statt Schuldenpolitik

Wir von den Freien Wähler sprechen uns klar gegen eine Politik des “Augen zu und durch” aus. Einfach mehr Schulden machen, um alle neu aufflammenden  Brände zu löschen, oder alte Schwelbrände, also Maßnahmen, welche schon lange geschoben werden in den Griff zu bekommen, kann und darf nicht der Weg sein. Stattdessen gilt es, klare Prioritäten zu setzen, Wichtiges umsetzen und den Haushalt und die Effizienz der Verwaltung nach Einspar- und Verbesserungspotenzialen zu durchforsten.

Zum Thema Schulden möchte bzw. muss ich uns folgende Daten vor Augen führen:

Unser derzeitiger Gesamtschuldenstand der Stadt einschließlich der ausgegliederten Eigenbetriebe Gartenschau und Stadtwerke liegt bei knapp 70 Mio EUR!

Dies entspricht einer Prokopf-Verschuldung von knapp 2000 Euro!

Klar ist wir müssen unsere Finanzen ins Lot bringen.

Wir müssen als Kommune wieder mit dem auskommen, was wir haben.

Das heißt aber grundsätzlich nicht, dass wir bei unseren Bürgerinnen und Bürgern einfach „kürzen, kürzen, kürzen“.

Vielmehr geht es darum, klug zu investieren, ineffiziente Projekte zu vermeiden und auf lange Frist den richtigen Weg einzuschlagen.

Unsere Aufgabe ist es, Antworten auf die Kernfragen der Stadtfinanzen zu geben:

  • Wo können wir sparen, ohne wichtige Aufgaben zu gefährden?
  • Welche Projekte haben Priorität und wo müssen wir uns zurückhalten?
  • Wie können wir die Einnahmen nachhaltig stärken, ohne die Bürgerinnen und Bürger zusätzlich zu belasten?

3. Haushaltspolitische Prioritäten der Freien Wähler

Unserer Meinung nach sollte folgendes im Haushalt weiterhin höchste Priorität haben:

  • Sanierung der Finanzen und klare Prioritätensetzung.
  • Unsere Stadt braucht eine schlüssige und realistische Finanzplanung. Dazu schlagen wir vor:
    Projektstopp für alle nicht zwingend notwendige Projekte. Gerade in Krisensituationen müssen wir alle Prestigeprojekte neu Bewerten und auf ihre Notwendigkeit überprüfen.                                                                                    Dazu gehören leider auch Prestigeprojekte, welche gewinnbringend veräußert werden können, in deren Neugestaltung aber durch uns kreativ mitgewirkt werden kann.
  •  Angesichts der großen Zahl an städtischen Immobilien muss dringend ein Konzept erarbeitet werden, welche Gebäude wir auch in Zukunft noch brauchen und erhalten wollen, Synergieeffekte in der Belegung sind zu prüfen.
  • Liegenschaften müssen ebenso betrachtet werden, ob eine Veräußerung sinnvoll ist.
  • Schulden abbauen statt aufblähen:

Neue Kredite sollten nur für Investitionen aufgenommen werden, die zwingend notwendig sind und einen klaren langfristigen Nutzen für unsere Stadt haben, zum Beispiel bei der Schulsanierung, strategischem Aufkauf von Objekten oder Grundstücken oder der Verkehrsinfrastruktur.

  • Bürokratieabbau

Notwendig ist eine kritische Prüfung, welche Vorschriften und Statistiken ersatzlos entfallen oder zumindest Entschlackt werden können. Jede nicht erhobene Statistik spart Arbeitszeit. 

Soziale Infrastruktur erhalten

  • Sparmaßnahmen dürfen nicht zu Lasten von Kindern, Familien und sozialen Projekten gehen. Auch in schwierigen Zeiten müssen wir dafür sorgen, dass        unsere Kindergärten und Schulen funktionieren und wir müssen in den Blick nehmen, dass wir im Zuge der Ganztagesbetreuung an den Grundschulen nicht nur die baulichen Voraussetzungen schaffen, sondern im Blick auf die Zukunft gerade der ganzen Familien auch die notwendige pädagogische Betreuung finanziell gewährleisten können.    
  •   Familien müssen ausreichend unterstützt werden.
  • Wichtige kulturelle und soziale Einrichtungen wie z. B. Mediothek und Jugendeinrichtungen müssen erhalten bleiben.

Nachhaltig investieren statt kurzfristig handeln

Trotz der angespannten Lage gibt es Aufgaben, die wir uns weiterhin leisten müssen, weil sie für die Lebensqualität und den sozialen Zusammenhalt in unserer Stadt unverzichtbar sind.

 Auch in Zeiten knapper Kassen dürfen wir die Zukunft nicht verspielen. Wir investieren!

  • Energie- und Kosteneffizienz: Die Senkung der Betriebskosten durch energetische Sanierung kommunaler Gebäude und Investitionen in erneuerbare Energien soll weiter vorangetrieben werden.
  • Digitalisierung: Eine moderne, effizientere Verwaltung spart langfristig Geld und erleichtert den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zu Dienstleistungen. Der Status der Digitalisierung in dem das Einsparpotential zum Tragen kommt muss schnellstmöglich erreicht werden.
  • Verkehr und Infrastruktur: Der Erhalt und die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur muss im Vordergrund stehen, bevor neue Projekte in Angriff genommen werden.

Personal und Verwaltung Kostensteigerungen reduzieren

  • Neubesetzung von Stellen nur bei Abgang in Altersteilzeit, Ruhestand oder Kündigung der Mitarbeiter, eventuell parallel dazu Einführung von zeitlichen Stellenbesetzungssperren.  
  • Organisationsüberprüfungen des Dezernats 3: Bau und Technik mit dem definierten Ziel einer Reduktion und Zusammenfassung  von Einzelämtern sowie der damit einhergehenden Personalanpassung, Entbürokratisierung und weiteren Digitalisierung.
  • Auslagern von nicht wirtschaftlichen Geschäftsbereichen der städt. Verwaltung durch Gründung eines Eigenbetriebs Abwasserbeseitigung und eines Proficenters Gebäudeunterhaltung und Gebäudemanagement für alle städtischen Immobilien.

Städteentwicklung, Liegenschaft und Wohnraum neu Denken

  • Condensed Spaces: verträgliche Verdichtung und Gewinnung von günstigem Wohnraum durch Umdenken und Korrektur der städtebaulichen Ausrichtung durch vertikale Verdichtung, modulares Bauen und Mikrowohnen bzw. sogenannte Tiny-Houses in bislang nicht genutzten Flächen. Flächenmanagementkataster, Innen- vor Außenentwicklung.
  • Einführung Grundsteuer C zur Baulandmobilisierung für unbebaute Grundstücke.
  • Mietmanagement für Leerstandgebäude sowohl städtischer und Privater Eigentümer  als Teil des Flächenmanagements in Kombination mit Wirtschaftsförderung.
  • Sportstättenkonzeption erweitern um Gebäude für Vereine und Öffentliche Nutzungen,  Festhallen etc.
  • Bäderkonzeption: Effizienzuntersuchung Kostenstrukturen der Einzelbäder und Feststellung von notwendigen Investitionen für Raum- und Energieoptimierung.
  • Entwicklung von Investitionspools für öffentliche Gebäude und Außenräume der Stadt.
  • Konzeptvergaben und Bauherrengemeinschaften fördern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Noch einen Satz zu unseren Stadtwerken:

Wir stehen in einer Zeit des Wandels, einer Zeit, in der unser Handeln nicht nur Auswirkungen auf die Gegenwart, sondern auch auf kommende Generationen hat.

Die Stadtwerke Balingen sehen wir dafür in einer besonderen Verantwortung.

Sie  sind nicht nur Dienstleister, sondern auch Wegbereiter für eine nachhaltige und innovative Zukunft.

Unsere Vision für die kommenden Jahre lässt sich in wenigen Worten zusammenfassen:

Die Stadtwerke Balingen sind:

„Unser Schlüssel für die Zukunft“

Die Energiewende ist keine abstrakte Idee, sondern voll im Gange und auch weiterhin unsere gemeinsame Aufgabe. Sie erfordert nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern auch Innovation und Investitionen in lokale Infrastruktur.

Mit den Stadtwerken Balingen setzen wir ein Zeichen für klimafreundliche Energie, Versorgungssicherheit und Stärkung regionaler Ressourcen.

Wir setzen auf den Ausbau von Solar- und Windkraftanlagen wo möglich und den Aufbau intelligenter Netze sowie innovative Energiespeicherlösungen.

Die  Stadtwerke sind ein Garant für die Daseinsvorsorge.

Egal ob Strom, Wasser oder Wärme, die Stadtwerke sorgen dafür, dass die Grundbedürfnisse der Menschen in Balingen sicher und bezahlbar gedeckt werden.

Dabei steht der Mensch im Mittelpunkt. Die Projekte der Stadtwerke zielen darauf ab, den Alltag der Bürgerinnen und Bürger zu erleichtern, sei es durch die Förderung von Elektromobilität oder den Ausbau digitaler Dienstleistungen. Die Innovationsprojekte der Stadtwerke Balingen sind Investitionen in die Lebensqualität unserer Stadt.

Der Erfolg sämtlicher Projekte ist jedoch kein Selbstläufer. Er braucht Mut, neue Wege zu gehen, und die Bereitschaft, Altes hinter sich zu lassen.

Energiesicherheit bleibt auch in einer nachhaltigen Zukunft ein zentrales Thema.

Besonders in Zeiten globaler Krisen müssen die Stadtwerke garantieren, dass Balingen unabhängig und resilient bleibt und sie auf regionale Energiequellen und strategische Partnerschaften setzt, um unsere Netze stabil und krisensicher zu halten.

Die  Aufgaben der Stadtwerke Balingen sind anspruchsvoll, aber auch voller Chancen.

Mit einem klaren Blick auf die Energiewende, einer starken Verankerung in der Daseinsvorsorge und einem unerschütterlichen Innovationsgeist werden die Stadtwerke Balingen zu einer Modellstadt für Nachhaltigkeit und Lebensqualität machen.

4. Appell an die Kolleginnen und Kollegen: Gemeinsam Verantwortung übernehmen

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

die Haushaltsberatungen haben uns nicht nur die Gelegenheit gegeben, Zahlen zu bewerten und Abwägungen zu treffen. Sie verlangten von uns Allen Ehrlichkeit und Mut. Ehrlich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, dass wir nicht alles sofort erfüllen können. Mutig, weil wir auch unbequeme Entscheidungen treffen müssen, die nicht den Beifall aller finden werden.

Als Freie Wähler stehen wir für den konstruktiven Dialog. Wir laden alle Fraktionen im Rat ein, gemeinsam Wege zu finden, Projekte zu priorisieren, Effizienz zu steigern und vor allem die Spirale aus Schulden und Defiziten zu stoppen.

Denn eines ist klar: Nur gemeinsam können wir die finanzielle Basis schaffen, um die Zukunft unserer Stadt zu sichern. Dabei gibt es keine parteipolitischen Gewinner oder Verlierer, es geht um unser aller Verantwortung. Hier, bei uns entsteht durch unsere gemeinsame, wertvolle, ehrenamtliche Arbeit für die Stadt und Ihre Bürger, die Basis für unsere Demokratie.

5. Fazit: Klare Weichenstellungen für die Zukunft

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir stehen am Scheideweg: Wollen wir die Lasten weiter auf die lange Bank schieben oder mutig und pragmatisch handeln? Es liegt an uns, den Menschen in dieser Stadt zu zeigen, dass wir als ihre Interessenvertretung verantwortungsbewusst, transparent klar und zukunftsorientiert arbeiten.

Die Fraktion der Freien Wähler wird sich diesem Anspruch stellen. Wir sind bereit, auch schwierige Schritte mitzugehen, wenn sie für die Bürgerschaft nachvollziehbar, gerecht und zukunftsweisend sind. Unser Ziel ist es, trotz der schwierigen finanziellen Situation eine handlungsfähige und lebenswerte Stadt zu erhalten und deren Attraktivität weiter zu stärken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

am Ende meiner Ausführungen ist es mir ein besonderes Anliegen, Danke zu sagen.

Ihnen, Herr Bürgermeister Verrengia sowie Ihnen Herr Stadtkämmerer Eberle und Ihrem Team sowie allen, die an der Aufstellung des Haushaltsplans 2025 mitgewirkt haben.

Ihnen, Herr Oberbürgermeister Abel sowie Ihren beiden Dezernenten und den Amtsleiterinnen und Amtsleitern für die gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Bedanken möchte ich mich auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtverwaltung und den Stadtwerken sowie dem Bauhof und der Feuerwehr für Ihren engagierten Einsatz zum Wohle und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in unserer Gesamtstadt.

Dieser Dank gilt ebenso den unzähligen Ehrenamtlichen.

Uns allen wünsche ich ein gesundes und erfolgreiches sowie glückliches neues Jahr 2025.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmen dem Haushaltsplan 2025, dem Wirtschaftsplan 2025 der Stadtwerke Balingen und dem Wirtschaftsplan 2025 des Eigenbetriebs Gartenschau  zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Wolfgang HallabrinFür die Fraktion der Freien Wähler

Wolfgang Hallabrin

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